Ernährung bei akuten und chronischen Schmerzen

 

Schmerzen tun zwar immer weh, haben jedoch häufig ganz unterschiedliche Ursachen. Akute Schmerzen stellen in der Regel ein Warnsignal dafür dar, dass der Körper verletzt wurde. Sie verschwinden z. B. wieder, sobald eine Wunde verheilt ist. Chronische Schmerzen hingegen haben häufig keine klar erkennbaren Ursachen und können sich zu eigenständigen Krankheitsbildern entwickeln. Entzündliche-rheumatische Erkrankungen.

 

Eine der häufigsten Ursachen für chronische Schmerzen sind entzündlich- rheumatische Erkrankungen. „Die Vielfalt der rheumatischen Erkrankungen macht deutlich, dass es nicht eine Rheumadiät gibt, sondern dass individuell auf die vielfältigen und oft schwer diagnostizierbaren Beschwerden des Patienten ernährungstherapeutisch eingegangen werden muss.“ (Prof. Dr. Olaf Adam, München). Dies bedeutet im Klartext: Im Einzelfall muss eine Diät getestet und je nach Beschwerden mit Hilfe eines Ernährungs- und Schmerzprotokolls erfasst und modifiziert werden. Andererseits führt auch ein mehrtägiges Fasten zu Symptomfreiheit, allerdings kommen die Beschwerden zurück, wenn wieder gegessen wird. Hier greift nun eine sogenannte fettmodifizierte Diät.

Eine in vielen Nahrungsmitteln tierischer Herkunft vorkommende Substanz, die Arachidonsäure, ist die Vorstufe des Gewebshormons Prostaglandin. Prostaglandin löst im menschlichen Körper Entzündungen aus, erhöht den Blutdruck, fördert Thromboseneigung und wirkt bei der Schmerzentstehung mit. Eiweißquellen, die nur wenig Arachidonsäure enthalten, sind: alle Milchprodukte, Rindfleisch, Lamm, Reh, Ente, Gans und Fasan, sowie Atlantik-Hering, Barsch, Forelle, Kabeljau, Seelachs, Seehecht, Seezunge, Zander und Sardinen. Möglicherweise kann die Reduzierung der Eigelbe auf eins pro Woche mithelfen die Beschwerden zu lindern. Eigelb enthält nicht unbeträchtliche Mengen an Arachidonsäure. Die sehr fettreichen, Omega-3- gesättigten Fischsorten Thunfisch und Hai sind für den regelmäßigen Verzehr wenig geeignet, da bei ihnen das Risiko einer Quecksilbervergiftung besteht. Dies liegt daran, dass diese Fischarten mehrere Jahre alt werden und in ihrem Fleisch u. a. besonders Quecksilber anreichern.

Neben der Verringerung der Zufuhr von Arachidonsäure, ist es günstig, bei der Aufnahme von Fett ein Verhältnis von 4:1 zwischen Omega-6 und Omega-3 Fetten zu erreichen. Dieses Verhältnis weist z. B. die Walnuss auf. Fette wie Sonnenblumenöl, Distelöl und Maiskeimöl enthalten überwiegend Omega-6 Fettsäuren und sind deshalb für Menschen mit entzündlichen Beschwerden in größeren Mengen nicht empfehlenswert. Aus diesen Omega-6 Fettsäuren kann unser Körper ebenfalls die entzündungsauslösenden Prostaglandine aufbauen. Bei Konserven wie zum Beispiel Heringsgerichten können Sie den Hinweisen auf der Verpackung entnehmen, welches Öl verwendet wurde. Im Handel sind so genannte Fischkaltwaren erhältlich, die mit Raps- oder Olivenöl zubereitet sind. Solche Produkte eignen sich für eine gesunde Ernährung.

Ganz spannenden ist die Betrachtung der Ernährungsweise von verschiedenen Völkern. So z.B. haben die Inuit ein Verhältnis der Omega-6 zu Omega- 3 von 1 zu 2,5, die Japaner von 4 zu 1 und in Europa haben wir 20 zu 1. Im menschlichen Gehirn beträgt das Verhältnis 1 zu 1. Keineswegs sind die Omega-6 Fette schlecht, da sie als Vorstufen einer Reihe von Hormonen dienen.

 

Bei Patienten mit Entzündungsgeschehen ist die Eiweißversorgung wichtig, da bei ihnen der Bedarf sowohl an Eiweiß als auch an Kalorien etwas erhöht ist. Wird dieser gesteigerte Bedarf nicht über eine ausgewogene Ernährungsweise gedeckt, kommt es über kurz oder lang zu einem Abbau von Muskeln. Um einer Übersäuerung gegenzusteuern, sollte man neben den bereits aufgeführten Nahrungsmitteln auch häufiger so genannte basische Produkte zu sich nehmen. So wird verhindert, dass der Körper mit dem Abbau von Kalziumdepots (z.B. Knochen) beginnt, um dadurch eine Übersäuerung des Blutes zu kompensieren. Während einer Ernährungsumstellung sollte regelmäßig der pH-Wert des Urins gemessen werden. Dieser pH-Wert muss überwiegend im basischen Bereich liegen.

 

Falls mit den vorgeschlagenen Maßnahmen noch keine befriedigenden Ergebnisse erzielt werden, kann man zu einer vegetarischen Ernährungsweise übergehen. Dabei muss allerdings gewährleistet sein, dass der Patient Sojaeiweiß verträgt und bereit ist, geeignete Mengen von Meeresalgen zu sich zu nehmen. Durch den Verzehr von Meeresalgen überschreitet man andererseits jedoch sehr leicht die Zufuhrempfehlung für Jod. Dies kann bei Patienten mit bereits bestehendem Jodmangel möglicherweise zu Problemen führen. So decken bereits nur zwei Gramm getrocknete Wakame-Alge den täglichen Jodbedarf vollständig. Sehr lecker schmecken die getrockneten Wakame- Algen mit geröstetem Sesam, gemahlen, als Streugewürz zu Reisgerichten. Ein weiterer Vorteil von Algen ist, dass sie ein sehr günstiges Fettsäureprofil und einen hohen Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen aufweisen. Fische erhalten die gesunden Omega-3 Fettsäuren aus den Algen, von denen sie sich ernähren; denn nur Pflanzen sind in der Lage, diese chemischen Verbindungen zu produzieren. In unserer hiesigen Küche ist die Verwendung von Algen allerdings gänzlich unbekannt.

Bei einer grundlegenden Ernährungsumstellung, die hier nur in Einzelaspekten beschrieben werden konnte, ist es sehr ratsam, sich Rat und Unterstützung von einem Ernährungstherapeuten zu holen. Eine wenig strukturierte Ernährungsumstellung „auf eigene Faust“ kann eventuell Mangelsymptome hervorrufen. Auch ist es viel schwieriger, eine Diät auf Dauer alleine durchzuhalten.

 

Gichtanfall

 

Basische Nahrungsmittel

 

Ananas, Aprikosen, Bananen, Bleichsellerie, Blumenkohl, Bohnen, Brokkoli, Brombeeren, Champignons, Chicorée, Datteln, Edelkastanien, Endivien, Feigen, Feldsalat, Fenchel, Gartenkräuter, Gemüsepaprika, Granatapfel, Grünkohl, Johannisbeere, Kartoffel, Kiwi, Kohlrabi, Kopfsalat, Kresse, Lauch, Mandarine, Mangold, Mirabelle, Möhre, Nektarine, Orange, Papaya, Pflaume, Radicchio, Radieschen, Reiberlknödel, Rettich, Rosenkohl, Rosinen, Sauerkraut, Schlehe, Schwarzwurzel, Sojabohnen, Spinat, Stachelbeere, Süßkirsche, Tomate, Topinambur, Vegetarische-Pasteten, Waldpilze, Weintraube, Weiße- Bohnen, Weißkohl, Zucchini

 

Wir kommen nun zu einer weiteren verbreiteten Ursache von Schmerzen, dem Gichtanfall. Hierbei handelt es sich um eine Körperreaktion auf eine Ansammlung von Abfallprodukten aus dem Harnsäurestoffwechsel. Meistens kündigt sich der Gichtanfall durch Symptome in der großen Fußzehe an. Ablagerungen von auskristallisierten Harnsäurekristallen in den Gelenken verhindern deren freie Beweglichkeit und führen zu starken Schmerzen. Hier kann im akuten Fall die Ernährung auf eine Diät umgestellt werden, bei der man so genannte Purine konsequent vermeidet. Darüber hinaus sollte man reichlich trinken, wenn möglich hydrogencarbonatreiches Mineralwasser; denn das wirkt basisch. Zusätzlich muss der Anteil an basischen Nahrungsmitteln (kein Spinat, keine Hülsenfrüchte!) in Form von Bohnen und Sojaprodukten erhöht werden. Die Harnsäure ist ein Abbauprodukt der Erbsubstanz (DNA). Besonders reich an Purinen sind Bierhefe, Innereien und Haut (z. B. gegrillte Hähnchenhaut). Alle Milchprodukte hingegen sind purinarm, ebenfalls alles Obstfruchtfleisch. Als zusätzliche Quelle für gesundheitsförderndes Eiweiß eignen sich Hühnereier, falls nicht andere Beschwerden gegen deren Verzehr sprechen.

 

 

Langfristig lässt sich Gicht mit einer geeigneten Ernährungsumstellung problemlos in den Griff bekommen. Nach Abklingen der Symptome kann in geringen Mengen auch wieder Fisch und Fleisch mit höherem Puringehalt verzehrt werden. Dies sind z. B. Rind und Kalbfleisch. Allerdings ist es sehr ratsam, die regelmäßigen Kontrollen beim Hausarzt nicht zu versäumen, da die Nieren durch dauerhaft erhöhte Harnsäure im Blut geschädigt werden.

 

Migräneattacken

 

Nun zu einer weiteren, sehr verbreiteten und leider meist häufig wiederkehrenden Schmerzform – Migräneattacken. Eine der Ursachen für Migräne ist der Anstieg von so genannten biogenen Aminen im Blut. Biogene Amine entstehen durch den Abbau von Eiweiß im menschlichen Körper. So ist der Anteil an biogenen Aminen -hier das Histamin- bei gut gereiftem Käse wie z .B. dem Parmesan höher als in vergleichbaren Käsesorten mit kürzerer Reifungsdauer. Histamin verursacht ein Anschwellen der Gefäßwände, was zu einer schlechteren Durchblutung führt und dadurch Migräne hervorrufen kann. Migräne auslösend für sensible Personen sind in der Regel Schokolade, Käse, Salami und Schinken. Des Weiteren gibt es Nahrungsmittel, die Histamin freisetzen, nämlich Tomaten und Zitrusfrüchte. Ob die Ursachen für Migräne in einer Histaminunverträglichkeit liegen, kann wieder nur durch ein Ernährungs- und Schmerzprotokoll ermittelt werden. Allgemein fühlen sich Migränepatienten mit einer Ernährung wohler, die auf frischen Nahrungsmitteln basiert und wenig industriell verarbeitete Produkte enthält.

Als Beispiel sei noch der „Aceto Balsamico“ Essig genannt. Der „gute“ ist lange gereift und weist dadurch enorme Mengen an Histamin auf. Auch ein handelsübliches frisches Sauerkraut kann bei sensiblen Personen aufgrund des hohen Histamingehaltes, der durch Gärung entstanden ist, einen Migräneanfall auslösen. Sicherlich lohnt sich hier für Migränepatienten der Aufwand detektivischen Nachforschen mit Hilfe eines Ernährungsprotokolls.

 

Fibromyalgie

 

Inzwischen gibt es Hinweise darauf, dass bei Fibromyalgie, einer weiteren Schmerzerkrankung, die Lebensqualität durch eine leichte Vollkost unter Einschränkung der Zufuhr von Arachidonsäure (siehe oben stehende Ausführungen) gesteigert wird. Wegen des L-Carnitin- und Tryptophangehaltes von Fleisch sollte man auf dieses Nahrungsmittel nicht verzichten. Ebenso scheint eine gute Magnesiumversorgung, die zu einer Entspannung der Muskulatur führt, zum Wohlbefinden beizutragen. Der regelmäßige Verzehr von Vollkornprodukten, Sojabohnen, Linsen und Gartenbohnen, von Nüssen, reichlich grünem Gemüse und Kräutern reicht dafür aus.

 

Die leichte Vollkost lässt sich wie folgt darstellen

 

Backwaren - Backwaren aus einfachen Rühr- und Hefeteigen, Obstkuchen (mit wenig Sahne), einfache Kekse -

Brot - altback. Brot, feine Vollkornbrote

Eier - weich gekochte Eier, fettarme Eierspeisen ohne Eigelb

Fette und Öle - Walnussöl, Rapsöl, Leindotteröl, Butter, Pflanzenmargarine (Verhältnis Omega-6 zu Omega-3 Fetten: weniger als 4:1)

Fleisch - mageres Rindfleisch (Filet, Steak), mageres Lammfleisch, Ziegenfleisch, Kaninchen, Wild und Wildgeflügel; wichtig: fettarm zubereitet (gekocht, gegrillt, in Folie gegart, im Römertopf, geschmort)

Fleischwaren - wenig milde, magere Wurst, kalter Rinderbraten - magere Süß- u. Salzwasserfische, fettarm zubereitet

Gemüse - leicht verträgliche Gemüsesorten wie z. B. Artischocken, Blattsellerie, Blattsalate, Brokkoli, Fenchel, Kohlrabi, Möhren, Pastinake, Petersilienwurzel, Spargel, Spinat, Tomaten, Topinambur, Winterportulak, Zucchini und Meeresalgen in moderaten Mengen

Getränke - alle Teesorten, milder Kaffee, Getreidekaffee, Mineralwasser ohne Kohlensäure, Gemüsesäfte, verdünnte Obstsäfte

Getreideprodukte - Reis, Nudeln, Grieß, Mehle, Stärkemehle, Getreideflocken (wenn möglich Vollkorn)

Gewürze - milder Essig (z.B. Balsamico), mäßig Salz, frische und getrocknete Kräuter in kleinen Mengen: Anis, Basilikum, Bohnenkraut, Brunnenkresse, Dill, Kerbel, Koriander, Kümmel, Majoran, Oregano, Petersilie, Schnittlauch

Kartoffeln - fettlos bzw. fettarm zubereitet, Pell- oder Salzkartoffeln, Kartoffelpüree, Klöße

Milch und Milchprodukte - fettarme Milch (1,5%), fettarme gesäuerte Milchprodukte (Joghurt, Dickmilch, Sauermilch), milde Käsesorten bis 45% Fett i. Tr. (z. B. Frisch-, Weich-, Schmelz-, Schnittkäse), kein Schimmelkäse!

Obst - reife, leichtverträgliche Sorten, roh oder gekocht, in kleinen Mengen, geschälte Äpfel, Bananen, geschälte Birnen, Kakis, Feigen, Heidel-, Brom- und Himbeeren, Mango, Cranberries, Granatapfel, Erdbeeren, Datteln, Papayas

Süßigkeiten - Konfitüre, Marmelade, Honig

Suppen und Soßen - fettarme Bouillon, Suppen und Soßen

Zubereitungsarten - Kochen, Dünsten, Dämpfen, Garen in Folie, im Tontopf, im Backofen, in der Mikrowelle, Grillen ohne Fett

Zucker - nur in kleinen Mengen, Nachspeisen kann man gut mit Datteln oder Feigen süßen!

 

In der Schmerztherapie gilt es heute als anerkannt, dass Serotonin, ein Botenstoff im Gehirn, die Schmerzschwelle erhöht. Serotonin wird aus der Aminosäure Tryptophan (Baustein des Eiweißes) gebildet. Nach dem Verzehr von Kohlehydraten werden im menschlichen Körper die Aminosäuren durch Insulin in die Muskulatur geschleust, nur das Tryptophan nicht. Dadurch steigt der Tryptophanspiegel im Blut und kann über die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn gelangen, wo es zu Serotonin umgebaut wird. Eine ausgewogene Ernährung mit mehr als 50% Kohlenhydraten, 30% Fett und ca. 20% Eiweiß sowie reichlich Frischkost gewährleisten eine optimale Versorgung. Falls Sie sich bei Ernährungsfragen überfordert oder unsicher fühlen, fragen Sie Ihren Hausarzt nach einem geeigneten Ernährungstherapeuten; die Inanspruchnahme dieser Spezialisten wird von den Krankenkassen bezuschusst.

Ernährungstherapeuten können auch bei Magen-Darm-Beschwerden durch eine gezielte und individuelle Umstellung auf geeignete Ernährungsformen die Lebensqualität der Betroffenen häufig verbessern.

 

Besonders wichtig ist bei einer Ernährungsumstellung, dass man nichts übertreibt, sondern den Weg der kleinen Schritte geht und sich die Freude am Essen bewahrt.

Danke für Ihr Interesse und viel Erfolg auf Ihren Wegen zu einer besseren Lebensqualität!

 

Danke für Ihr Interesse

Gabriele Wolf
Praxis für Ernährungstherapie